Die Geschichte des Islam

Die ersten Kalifen und die Ausbreitung des islamischen Imperiums

Als Mohammed starb, war die Grundlage für das kommende islamische Reich gelegt.

Islamische Geschichte berichtet uns, dass er vor seinem Tode Sendschreiben an die Herrscher in seinem weiteren Umfeld (Byzanz, Persien, Ägypten) geschrieben hatte, mit der Aufforderung, den Islam anzunehmen.  

Dank seiner ausserordentlichen Führerqualität hatte er die religiöse, politische und militärische Einheit unter den arabischen Stämmen hergestellt und sie auch zur Expansion motiviert. Das Ziel war zweifellos die Einsetzung des Islam als vorherrschende Religion und die politische Vorherrschaft der Araber. Um dieses zu erreichen, war es unabdingbar, nach dem plötzlichen Tod Mohammeds einen geeigneten Nachfolger zu finden. Die Wahl war nicht leicht. Es musste zwischen den engsten Vertrauten Mohammeds, Abu-Bakr und Omar, als auch Ali, entschieden werden. Erstere waren seine Schwiegerväter, Ali sein Schwiegersohn und Neffe, der mit Sicherheit ein Interessent war. Doch war er bei der Wahl des Nachfolgers nicht zugegen und somit erst einmal ausgeschlossen. Zunächst ließ Abu Bakr dem Omar und Omar dem Abu-Bakr den Vortritt, doch schließlich übernahm Abu-Bakr das Kalifenamt.

Nach Muhammad’s Tod begann ein Abfallen vom Islam, den es zu verhindern galt. Ausserdem musste eine bisher noch nicht vorhandene Administration erstellt werden. Der Koran, der im Wesentlichen nur als mündliche Überlieferung existierte und der nun als abgeschlossen angesehen werden musste, brauchte eine feste Form. Alles waren Aufgaben, denen sich die neuen Führer gegenüber sahen.

Die ersten vier Kalifen, die von den sunnitischen Muslimen anerkannt werden, sind:

  1. Abu-Bakr (632-634 n. Chr.),
  2. Omar (634-644 n. Chr.),
  3. Osman (644-656 n. Chr.) und
  4. Ali  (656-660 n. Chr.).

Abu Bakr erlebte nur die ersten Anfänge der Umsetzung des Islam in die neue Dispensation. Die Ausbreitung des Islam begann auch unter seiner Regie. Er entsandte die Armee nach Mohammeds Tod zunächst nach Syrien und begründete seinen Beschluss mit den Worten: “Wisset, daß der Apostel Gottes beschlossen hat, seine Streitkräfte nach Syrien zu senden, doch Allah nahm ihn zu sich ... und ich schlage vor, die Gesichter der muslimischen Helden nach Syrien zu richten ...; denn der Apostel Gottes verkündigte mir vor seinem Tod und sagte: Die Erde ist mir von Gott her zugesprochen worden ...” (Mizanul Haqq, S. 359).

Abu-Bakr verstarb nach zwei Jahren im Amt. Ihm folgte Omar, unter dem sich die zwangsläufige Ausbreitung des islamischen Reiches noch beschleunigte. Die Armee lebte von der Beute, die siegreiche Feldzüge stets einbrachten und konnte somit nicht in den Kasernen bleiben. Omar war ein begabter Führer und Verwalter. Seine Streitmacht unter dem tüchtigen Feldherrn Walid ibn Khalid erzielte enorme territoriale Gewinne. Zunächst wurden Syrien und auch Jerusalem, wie auch der Irak, erobert. Dies waren Länder, die stark christlich geprägt waren und eine bedeutende Mission bis hin nach China betrieben hatten. Eine christliche byzantinische Streitmacht wurde in der Schlacht am Jarmuk (636 n.Chr.) besiegt. Jerusalem wurde 638 n.Chr. eingenommen. Omar begann dort den Bau der Moschee, die nach ihm benannt ist. Sie steht auf der Stelle des jüdischen Tempels in Jerusalem, der im Jahre 70 n. Chr. von den Römern zerstört worden war. Diese Moschee, das Wahrzeichen Jerusalems, steht noch heute. Als nächstes wurde Syrien  erobert.  Im Norden wurden dann Persien, Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan erobert, und im Osten drangen die Muslime bis zum Indus vor.  Im Westen wurde zunächst Ägypten, eine Hochburg christlicher Gelehrsamkeit, eingenommen, und dann folgten Lybien, Tunesien, Algerien und Marokko. Etwas später gelang der Sprung nach Gibraltar und die Eroberung Spaniens und Südfrankreichs (Seite 52).

Omar war einem Attentat zum Opfer gefallen und wurde von Osman ersetzt, der durch die Revision und die Vereinheitlichung und Konsolidierung der koranischen Texte bekannt wurde. Nach heftigen internen Fehden, in denen 10.000 Muslime das Leben verloren, wurde auch er von seinen eigenen Leuten ermordet. Letztlich wurde nun doch Ali als Kalif eingesetzt. Die muslimische Sekte der Schiiten, die heute hauptsächlich im Iran und Teilen des Irak zu finden ist, akzeptiert als Kalifen nur die leiblichen Nachkommen Mohammeds und lehnt daher die ersten drei Kalifen ab.

Propagierung des Islams durch das Schwert

Die Ausweitung des islamischen Reiches geschah zunächst ausschliesslich auf militärischem Wege. Heute leugnen viele Muslime, dass je ein Angriffskrieg vom Islam unternommen wurde. Diese Behauptung wird jedoch von der Geschichte nicht bestätigt. In den islamischen Traditionen, den Hadithen, lesen wir u.a. (Mishkat 3, S. 708): “Osman war in einen Kampf mit den Syrern verwickelt. Es ging um die Eroberung von Armenien und Aserbaidschan und um das Volk des Irak ...”. So und ähnlich kann man an vielen anderen Stellen lesen.

Das Persische Reich wurde in der Schlacht von Nihavand im Jahre 641 n. Chr. unterworfen und Alexandrien (Nordafrika) im Jahre 640-641 n. Chr. besetzt.

Die überlegene militärische Ausrüstung, der Einsatz von Pferden und Kamelen, der Anreiz, Beute zu gewinnen und schließlich die starke Motivation und Begeisterung eines aufkommenden islamischen Imperiums machten die Siege über die im Verfall begriffenen Reiche der alten Welt verständlich.

Anfangs meinte man aus christlicher Perspektive im Islam eine jüdisch-christliche Sekte zu finden, was sicher nicht abwegig war. Die Kopten in Nordafrika sahen in den Muslimen zunächst sogar ihre Befreier vom Joch der Byzantiner und stellten sich auf ihre Seite.

Die Arabisierung und Islamisierung der eroberten Gebiete

In allen eroberten Gebieten wurde arabisch die offizielle Sprache. Nur die Türkei und Persien widersetzten sich dieser Politik der Arabisierung mit Erfolg.

Die besondere Bedeutung Persiens, das dem Islam unterworfen wurde, bestand darin, dass eine Hochkultur, die man mit Recht als der arabischen Kultur und Wissenschaft überlegen ansehen konnte, vom Islam übernommen wurde.

Im Zuge der Islamisierung wurden 3200 Kirchen zerstört oder in Moscheen umgewandelt. Die Bevölkerung der eroberten mesopotanischen Länder und Ägyptens, anfänglich zu 90 Prozent ‘Christen’, trat schließlich fast gänzlich zum Islam über. Es ist traurig, zu erkennen, dass wohl politische oder soziale Vorteile der Hauptanlass dazu waren. Es mag uns überraschen, dass der Übertritt zum Islam im Allgemeinen nicht erzwungen wurde. Es war den koptischen, syrischen und orthodoxen Kirchen erlaubt, ihren Glauben auszuüben. Nur wurde ihnen  verboten, unter den Muslimen missionarisch tätig zu sein. Ein Muslim, der sich zu Jesus als Retter bekannte, machte sich allerdings der Abtrünnigkeit strafbar, einer ‘Sünde’, die mit dem Tode bestraft wurde. Die Todesstrafe wird z.T. heute noch vollzogen. Die islamischen Eroberer sicherten überall ‘Religionsfreiheit’ zu. Bekehrungen vom Christentum und Judentum zum Islam waren nicht nur erlaubt, sondern wurden verständlicherweise auch gefördert, Übertritte vom Islam zum Christentum dagegen wurden, wie schon beschrieben, geahndet.

Intrigen und Machtkämpfe in der Umaijadendynastie

Nach der Ermordung des Kalifen Ali erkaufte sich Muawija, der Governeur von Syrien, das Kalifat von Ali’s Sohn Hasan unter der Bedingung, dass dieser es beim Tod Muawijas wieder zurückerhielt. Hasan benötigte das Geld, um seinen aufwändigen Lebensstil zu finanzieren. Wir wissen, dass Hasan bis zu seinem Tode über 100 Ehescheidungen hinter sich gebracht hatte – trotz seines Harems. Muawija nahm die Bedingungen zunächst an, setzte aber dann doch seinen eigenen Sohn Yazid als seinen Nachfolger ein. Dieser liess Hasan durch dessen eigene Frau vergiften mit dem Versprechen, sie zu heiraten, was er dann aber doch nicht tat.

Ali’s zweiter Sohn, und somit Thronfolger, Hussein, widerstand diesem Treuebruch und wurde von den Irakern als Gegenkalif eingesetzt, aber in Kerbela (etwa 100km südlich von Baghdad im Irak) 680 n. Chr. mit Hilfe von 4000 Kriegern des Yazid ermordet. Die Trennung zwischen den zwei Hauptströmungen im Islam, den Schiiten (Anhänger der Ali-Söhne) und Sunniten, war damit vollzogen. An dieses Ereignis erinnert ein jährlicher Gedenktag unter den schiitischen Muslimen noch heute.

Die Schiiten verehren zwölf Kalifen, beginnend mit Ali. Der letzte hiess Mohammed und wird auch ‘Imam al-Mahdi’ genannt. Nach dem Glauben der Schiiten lebt er noch (seit 873 n.Chr.) im Verborgenen, um in den letzten Tagen als Mahdi (einer Art von Messiasgestalt) zu erscheinen, von dem Mohammed voraussagte, dass er vor dem Gerichtstag auftreten solle.

Wie wir sehen, führte Muawija die Erbfolge im Kalifat ein. Die Epoche, in der er und seine Nachfolger das islamische Reich beherschten, wird die Umaijadendynastie genannt. Sie beherrschte die arabische Welt von Damaskus aus über 90 Jahre. 749 n. Chr. wurden die Angehörigen der Umaijadenfamilie ermordet. Die einzige Ausnahme war Abd-ar-Rahman, der nach Spanien floh und dort ein unabhängiges Umaijaden-Kalifat gründete. Bis 711 n. Chr. hatte sich der Islam über ganz Nordafrika und Spanien ausgebreitet, und 717/718 n. Chr. eroberte der Islam den Süden und die Mitte Frankreichs. Karl Martell gebot den islamischen Heeren in der Schlacht von Tours und Poitiers Einhalt (723 n. Chr.). Sie drohten damals, auch ganz Europa zu erobern.

Ein allgemeiner Niedergang setzte nun im orientalischen Teil des islamischen Reiches ein. Die Frömmigkeit nahm mehr und mehr ab. Die islamische Elite erstellte prächtige Paläste, und es wird gesagt, dass die Kalifen Jezit der I. und II. leidenschaftliche Freunde des Sports und der Musik waren und die Sängerinnen liebten. Unzufriedenheit mit dem weltlichen Lebensstil führte zum Zusammenbruch der Umaijaden-Dynastie. Sie wurde abgelöst von der Abbasiden-Dynastie.

Die Abbasiden-Dynastie

Der erste Kalif dieser Herrscherfolge war ein Nachkomme eines Onkels von Muhammad, ibn Abbas, nach dem diese Dynastie benannt wird (750- 1258 n. Chr.). In dieser Zeit herrschte parallel auch die Alisiden-Dynastie (die Nachfolger von Ali) -hauptsächlich in Persien - von 969 n. Chr. bis 1171 n. Chr. Es waren mehr als nur die unterschiedlichen Auffassungen vom Kalifat, die Schiiten und Sunniten nun trennte. Die Perser hassten die Araber, wohl wegen ihres arroganten Auftretens und weil sie Persien arabisieren wollten.

Das Zentrum der Abbasiden-Dynastie, und somit des sunnitischen Islams, wurde Bagdad. Die Kalifen, und später die Sultane, waren autokratische Herrscher. Bagdad, einst ein kleines Dorf, wurde durch Zwangsarbeiter zu einer großen Stadt mit Palästen, Moscheen und prachtvollen Regierungsgebäuden aufgebaut. Die persische Tradition des Hofzeremoniells wurde übernommen. Die ‘barbarischen’ Araber wurden kulturell erzogen, und Tischmanieren und höfische Etikette wurde ihnen beigebracht. Muslime hatten es verstanden, das kulturelle Erbe unterworfener Nationen zu integrieren, was zum Entstehen einer islamischen Kultur führte. Dieser Prozesses war, interessanterweise, alles andere, als rigoros oder fundamentalistisch.

Der weitaus bekannteste abbasidische Herrscher war Harun ar-Raschid (786-809 n. Chr.) Seine Zeit stellte den Höhepunkt der Macht, der Wirtschaft und der Kultur dar. Es ist interessant zu wissen, dass Harun und Karl der Grosse eine freundschaftliche Interessensgemeinschaft hatten. Die Geschichten aus ‘Tausend und eine Nacht’ und ‘Arabische Nächte’ stammen aus dieser Zeit, in der unfassbarer Luxus und Reichtum die bekannte Welt in Erstaunen versetzte. Ein Kalif unterhielt einen Harem von 4000 Frauen, nicht Ehefrauen, denn davon waren nur vier erlaubt, aber Konkubinen, deren Anzahl nicht begrenzt war. Ein bekannter Kadi (Richter) hatte sexuelle Beziehungen zu 400 jungen Männern. Auch Alkohol, dessen Genuss Muslimen streng verboten ist, wurde freizügig konsumiert. Handel und die Künste blühten. Die Geschichten von Sindbad, dem Seefahrer, berichten von den grossen Reisen, die schon im 9. Jahrhundert bis nach Ost- und Süd-Ostasien durchgeführt wurden.

Unter dem Islam des Mittelalters blühte auch die Philosophie. Vornehmlich nestorianische Christen, die übrigens in dieser Zeit des Islam nicht nur grosse Freiheit, sondern auch Ansehen genossen, übersetzten die griechischen Philosophen ins Arabische. Ebenso erfreuten sich die Naturwissenschaften (besonders Mathematik, Medizin und Astronomie) einer grossen Beliebtheit. Navigation und die dazugehörigen Instrumente, inklusive Uhren, wurden seinerzeit entwickelt. Von Bagdad fanden viele dieser Gedanken wieder nach Europa zurück und wurden mit ein Anstoss zur Renaissance. Somit gaben Gelehrte aus dem Raum des Islam Denkanstösse für Europa, das damals noch im ‘finsteren’ Mittelalter lebte.

Bald danach war der Höhepunkt des Abbasidenreiches allerdings überschritten, und ein straffer Islamisierungsprozess setzte ein. Die meisten Christen wählten früher oder später den leichteren Weg und unterwarfen sich dem Islam.

Wie von der Geschichte immer wieder bezeugt, setzt nach Zeiten einer Hochkultur und des üppigen Wohlstandes, der politische und auch kulturelle Niedergang ein. Das Abbasidenreich war nicht ausgenommen. Totale Dekadenz auf allen Ebenen und Uneinigkeit zerfrassen das Reich von innen her.

Vielleicht wäre dies das Ende des Islam gewesen, wenn nicht die Armee eines Turkvolkes, die Seldschuken, das Abbasidenreich erobert hätte. Zwar blieb offiziell der Kalif in seinem Amt, doch der Herrscher der Seldschuken, der sich Sultan nannte, und seine Soldaten, unterwarfen das ganze Land. Zur Rettung des Islam kam der Umstand, dass die Seldschuken sich zum Islam bekehrten.

Die Kreuzzüge

In dieser Zeit begannen auch die Kreuzzüge. Schon in den Jahren 1071-1076 n. Chr. hatten Seldschuken Greueltaten an christlichen Pilgern im ‘Heiligen Land’ verübt. Sie hatten Armenien, Byzanz, Kleinasien und natürlich auch Jerusalem erobert. Als Reaktion darauf wurden die Kreuzzüge unternommen. 1095 wurde durch Papst Urban II zum ersten Kreuzzug aufgerufen. Vollständige Absolution, freier Zugang zum Himmel im Falle des Todes oder große Reichtümer im Falle des Überlebens, waren Anreize für diesen Kreuzzug. 1099 fiel Jerusalem an die Kreuzritter. Bagdad mass diesem Ereignis jedoch kaum eine Bedeutung zu. Jerusalem wurde dann durch den bekannten Saladin von Ägypten im Jahre 1187 zurückerobert. Dies hatte den 3. Kreuzzug unter Friedrich Barbarossa zur Folge, der 1190 auf dem Wege nach Palästina in einem Fluss ertrank.

Dieser und alle folgenden Kreuzzüge - der letzte fand 1271 statt - schlugen nicht nur fehl, sondern hinterließen ein Erbe bitterer Feindschaft zwischen Muslimen und Christen, die man heute noch spüren kann.

Im 13. Jahrhundert wurde ganz Zentralasien bis hinein nach China und Europa von den Mongolen überrannt. Die Horden Hulagus, eines Enkels des Dschingis Khan, vernichteten die Reste des abbasidischen Reiches völlig. Das bedeutete den endgütigen Zusammenbruch der glorreichen Epoche des Islam, die nie wiederkommen sollte, jedenfalls nicht in ihrer früheren Pracht und Herrlichkeit.

Das osmanische Reich

Es folgte in anderes, neues Reich, das ebenfalls aus Turkvölkern erstand, das Reich der Osmanen (Ottomanen). Es wurde im Jahre 1301 von Emir Osman I gegründet. Nach dem Abtritt der Abbasiden-Kalife bauten Türken die unweit des Kaspischen Meeres lebten, ein neues islamisches Reich auf den Ruinen des zerfallenden byzantinischen Reiches. Die neuen Sultane beanspruchten das Kalifat, was wiederum die politische und geistliche Macht in einer Hand vereinte, und brachten schließlich fast ganz Nordafrika, den Nahen Osten und den Balkan unter ihre Kontrolle. Auch Indien wurde überrannt worauf dort das Reich der Mogulen in seiner grossen Pracht entstand. Durch Handelsbeziehunghen nach Süd-ostasien (Indonesien, Malaysien und die Phillipinen) kam der Islam auch in diese Länder.

1453 fiel Konstantinopel, das frühere Byzanz und heutige Istanbul, an die Muslime. 1529 belagerten die Türken Wien, das Tor nach Mitteleuropa. Die Grundlage der militärischen Macht der kampfstarken Armeen der autokratischen Sultane waren die Janitscharen (jedes fünfte christliche männliche Kind musste dem islamischen Staat übergeben werden, und wurde dort zum fanatischen muslimischen Soldaten erzogen), unterstützt durch jährlich 200.000 russische und afrikanische Sklaven (dtv-Atlas zur Weltgeschichte, S. 209).

Hohe Steuern bildeten die Finanzierungsgrundlage für solch eine Armee. Dennoch setzte infolge von Korruption, Revolten und Teilungen (Persien und die Balkanstaaten erlangten ihre Unabhängigkeit, Ägypten kam unter napoleonische Herrschaft) der Verfall ein.

Strömungen im Islam

Schon von Anfang an, gab es unterschiedliche theologische Schulen im Islam, die zum Teil scharf aufeinanderstiessen. Es gab aber auch immer wieder erweckliche Bewegungen innerhalb des Islam, wenn wir diese auch nicht mit Erweckungen im christlichen Sinn vergleichen können. Neben den schon bekannten Sunniten und Schiiten und deren Splittergruppen, gibt es eine mystische Bewegung innerhalb des Islam, den Sufismus. Im 18. Jahrhundert gab es dann das Wirken der Wahhabibewegung in Arabien. Sie wandte sich rigoros, auch mit Waffengewalt, gegen alle, die nicht spartanisch, sondern in Luxus lebten und jeden, der eine Art von Volksislam praktizierte, also von der Orthodoxie abwich. Komfortable Kleidung, Musikinstrumente sowie Talismane und Amulette, und Tadschbies wurden verbrannt. Letztere sind islamische ‘Rosenkränze’, eine aufgereihte Kette von Perlen aus 99 Schmucksteinen oder auch Holzperlen, die, wie im Katholizismus, als Gebetshilfen benutzt werden und an die sogenannten 99 herrlichen Namen Allah’s erinnern sollen. Zu den vorgeschriebenen Gebetszeiten wurden alle Muslime mit Lederpeitschen in die Moscheen getrieben. Doch ist religiöser Eifer nicht mit einer gottgewirkten Frömmigkeit gleichzusetzen.

Zu erwähnen wären noch Sekten, die aus dem Islam entspringen. Unter ihnen sind die Ahmadiyyas und die Bahai, die von der Orthodoxie strikt abgelehnt werden.

Islam in der Neuzeit

Die Waffenbruderschaft der Osmanen mit Deutschland und Östereich-Ungarn im ersten Weltkrieg, führte praktisch zum Ende des osmanischen Reiches. Nordafrika war schon vorher dem osmanischen Reich verloren gegangen. Der Libanon und Jordanien wurden nun selbstständige Staaten, und Palästina wurde vom Völkerbund, dem Vorläufer der UN, verwaltet. Die Brandfackel entzündete sich dann durch die Gründung des Staates Israel 1948, dem der uneingeschränkte Hass der islamischen Welt gilt.

Mit dieser politischen Entwicklung, gekoppelt an den Bedarf an Öl und den Funden dieses Rohstoffs im Nahen Osten, begann sich die heutige Situation zu formieren. Die neuere Geschichte ist uns ja bekannt, doch ist es hilfreich, mal etwas hinter die Kulissen zu schauen.

Der islamische Fundamentalismus

Wie wir schon sahen, hat Muhammad, nach muslimischer Ansicht, den Koran als Offenbarung erhalten. Dieser zielt darauf hin, die Denk- und Lebensweise der Menschheit dem Willen Allah’s zu unterwerfen. Im Prinzip sind gottferne Menschen, wie damals die arabischen Animisten, damit sicher nicht schlecht beraten. Das Problem beginnt aber, wenn die Lehre über das Wesen Gottes und sein Heilsplan verkannt, ja verfälscht wird, wie es im Koran aus biblischer Sicht geschieht. Die Forderung einer bedingungslose Unterwerfung unter das starre Denksystem des Islam, widerspricht dem Wesen Gottes, der eine freiwillige Hinwendung sucht. Im Koran wird den Muslimen bezüglich der “aufsässigen Ungläubigen“ aufgetragen: “Bekämpft sie bis alle Verführung aufhört und nur noch Allah verehrt wird“ (Sure 8:39). An anderer Stelle lesen wir: “Er (i.e. Allah) ist es, der seinen Gesandten (i.e. Muhammad) mit der Leitung und mit der Religion der Wahrheit gesandt hat, damit er sie über jede andere Religion erhebe…“ (Sure 61:10). Eine der Hadithen bestätigt dies mit einer Aussage Muhammad’s: “Mir ist aufgetragen gegen die Menschen (Menschheit) zu kämpfen bis sie bezeugen, dass es ausser Allah keinen Gott gibt und an mich glauben, dass ich der Botschafter Allah’s bin in allem, was ich gebracht habe.“ (Sahih Muslim, englische Ausgabe, Band 1 Seite 17).

Der verbreiteten Auffassung, dass der islamische Fundamentalismus in seiner Aggressivität nur ein Auswuchs des ‚normalen‘ Islam darstellt, muss entschieden widersprochen werden. Jeder Islamkenner wird bestätigen, dass auf oberster Ebene grosse – und erfolgreiche – Anstrengungen unternommen werden, das genannte koranische Ziel des Islam zu verwirklichen. Auf einer Konferenz der ‘Islam in Afrika Organisation’ 1989 in Nigerien z. B., wurde in einem Kommunique festgehalten, dass in den Mitgliedsstaaten – und das waren nicht nur solche mit muslimischer Mehrheit – nur Muslime für strategische nationale und internationale Positionen bestimmt werden sollen. Weiterhin wurde beschlossen, alle westlichen juristischen Systeme durch die Schariah zu ersetzen und alle nicht-muslimischen Religionen, in welcher Form auch immer, auszumerzen. Namentlich genannt wurde das Christentum, die (islamische) Ahmadiyyasekte und die Naturreligion Afrikas. Es muss dazu gesagt werden, dass dies kein naiven Wunschdenken ist, sondern dass an vielen Orten Afrikas sehr aktiv an der Verwirklichung dieser Ziele gearbeitet wird. Ähnliche Bestrebungen kann man auch in Europa und Amerika beobachten, wenn auch nicht in so offen ausgeprägter Form.